Fahrbericht Porsche Boxster: Neuer Klassenprimus

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Boxster – die Dritte. Auf dem Genfer Salon feierte sie Weltpremiere, die dritte Generation des Porsche Boxster, auf die Strasse rollte der neue Roadster mit den ersten Sonnenstrahlen des Frühlings 2012.

Der neue Porsche Boxster ist ein ungemein effizienter, hochkarätiger Sportwagen. Keine Spur von Porsche für arme Leute. Im Gegenteil: Porsche für Leute mit Selbstbewusstsein
Der neue Porsche Boxster ist ein ungemein effizienter, hochkarätiger Sportwagen. Keine Spur von Porsche für arme Leute. Im Gegenteil: Porsche für Leute mit Selbstbewusstsein

Wir hatten bereits Gelegenheit, den neuen Boxster bei ersten Testfahrten auszuführen, um der Frage nachzugehen, was das neue Modell für Markeneinsteiger und Porsche-Kunden bringt? Porsche hat darauf eine Antwort, wie sie in Sportfahrerkreisen immer gut ankommt: Die Nürburgring Nordschleife umrundet er zwölf Sekunden schneller als das Vorgängermodell, in 7:58 Minuten. Rallye-As und Markenbotschafter Walter Röhrl lässt grüssen.

VIDEO MIT WALTER RÖHRL – PORSCHE BOXSTER IN ACTION AUF EINER SONDERPRÜFUNG DER RALLYE MONTE CARLO: PV12_0012_de

Schneller ist er also, leichter auch, noch agiler, stärker und sogar um bis zu 15 Prozent sparsamer. Die Topzeit auf der Nürburgring Nordschleife wird er aber auch als stärkere S-Variante wohl nur mit den optionalen Optimierungsmöglichkeiten geschafft haben. Die hält Porsche gegen Aufpreis bereit: das hervorragende Sieben-Gang-Doppelkupplungsgetriebe (PDK), gnadenlos zupackende Keramik-Bremsen und das ganz spezielle Sport Chrono Paket. Dieses umfasst dynamische Getriebelager und eine Sport-Plus-Taste. Wird diese aktiviert, passt sich die Schaltcharakteristik einer sportlichen Gangart an, die Launch Control wird aktiv und das Porsche Active Suspension Management (PASM) schaltet auf straff.

Zusätzlich zur mechanischen Hinterachssperre stehen für ambitionierte Fahrer auch das Porsche Torque Vectoring (PTV), bei dem ein Bremseneingriff am kurveninneren Hinterrad das Eindrehen in die Kurve erleichtert und die erstmals erhältlichen 20-Zoll-Räder zur Verfügung.

Der Testwagen verfügte zwar nicht über all diese Optionen. Das Exemplar mit handgeschaltetem 6-Gang-Getriebe, Torque Vectoring und 20-Zoll-Rädern brachte uns aber auch so schon sehr überzeugend durch die französischen Seealpen. 360 Nm Drehmoment aus dem Sechszylinder-Boxer mit drei Liter Hubraum, ein Leistungsgewicht von knapp über vier Kilo pro PS und das unglaublich spontane Einlenken, eine dank dem Mittelmotor perfekte Fahrzeugbalance und die breite Spur mit den dicken Reifen an der angetriebenen Hinterachse garantieren Spaß in jeder Kurve.

Der Motor dreht bis 7800 Umdrehungen pro Minuten und entwickelt seine Höchstleistung von 315 PS bei 6700/min. So hat das Triebwerk bei sportlicher Gangart über ein breites Drehzahlband Gelegenheit, seinen kräftigen Klang in allen Tonlagen hinaus zu trompeten. Dabei muss es auch in engen Kurven nicht immer der zweite Gang sein. Das kräftige Drehmoment zieht den Boxster S auch im dritten Gang effizient, aber deutlich unspektakulärer durch Spitzkehren.

Der Boxster S hat also auch das Zeug zum Gleiter. Porsche fördert das noch; denn die Exemplare mit PDK – beim Boxster etwa jeder zweite – können jetzt auch Segeln. Wird der Gasfuß leicht gelupft, wird die Verbindung zwischen Motor und Getriebe unterbrochen. Der Boxster rollt. Das Segeln, ein Start-/Stopp-System für alle Modelle, ein Thermomanagement, die elektromechanische Lenkung und andere bedarfsgesteuerte Nebenaggregate sorgen für verblüffende Zurückhaltung beim Verbrauch. Der Motor im Boxer S leistet zum Vorgänger 10 PS mehr und kommt auf 100 km (im Schnitt nach EU-Norm) mit bescheidenen 8,2 Litern aus; mit PDK sind es sogar nur 7,7 l/100 km. Der aus dem S-Motor per Downsizing entwickelte 2,7-Liter-Sechszylinder des zivileren Boxster braucht 8,2 l/100 km bzw. 7,7 l/100 km und leistet 265 PS. Er beschleunigt – handgeschaltet – in 5,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h, der S schafft das in 5,1 Sekunden, mit PDK in 5,0 Sekunden. Der S erreicht 279 km/h Höchstgeschwindigkeit, der normale Boxster 264 km/h.

Beim Boxster geht es aber gar nicht so sehr um die Höchstgeschwindigkeit auf gerader Strecke, auch wenn der Geradeauslauf keine Wünsche offen lässt, was sicher auch mit dem um 60 mm längeren Radstand zu tun hat. Auf jeden Fall empfiehlt sich der Boxster nicht nur für den sportlichen Ritt. Er kann zwei Personen auch gut als Reisewagen dienen. Die erleben ein zwar straffes, aber nicht hartes Fahrwerk und können in den beiden Kofferabteilen immerhin 280 Liter Gepäck verstauen.

Der neue Porsche Boxster ist schneller, wesentlich leichter und deutlich sparsamer als sein Vorgänger.
Der neue Porsche Boxster ist schneller, wesentlich leichter und deutlich sparsamer als sein Vorgänger.

Das elektrische Verdeck stört nicht beim Laden der Reisetaschen. Das Dach faltet sich über dem Mittelmotor hinter dem Innenraum zusammen, übrigens in rekordverdächtigen neun Sekunden. Porsche hat dem Stoffdach akustisches Dämmmaterial mitgegeben und sagt, die Innengeräusche seien nun nur noch halb so hoch wie beim Vorgänger. Es sieht besser, gestreckter aus als das des Vorgängers und bietet ein größeres Rückfenster. In der Tat ist auch das Geräuschniveau bei geschlossenem Dach hörbar niedriger.

Bei einem Porsche wie diesem kann man sich der Versuchung kaum entziehen, zunächst über Technik und Fahren zu sprechen. Aber zur dritten Generation gehört auch eine Design-Betrachtung, denn Porsche hat den Boxster mit der neuen Karosserie nicht nur um 30 Kilo leichter gebaut, sondern auch die Proportionen verändert. Der Überhang vorn wurde um 27 mm kürzer, die Gesamtlänge wuchs um 32 mm, die vordere Spur legte um 40 mm zu und die hintere um 18 mm. Die Frontscheibe wurde um 100 mm weiter vorn angesetzt und steht nun flacher, was die Proportionen zusätzlich dynamischer gestaltet.

Optisch hat der neue Mittelmotor-Roadster einiges zu bieten. Er fasziniert mit seinem breiten Gesicht und den großen Lufteinlässen, den spitz zulaufenden und aufgeblasenen Backen der Kotflügel, in dem die 20 Zöller scheinbar naturgegeben zuhause sind ebenso wie mit seinen übereinander stehenden Scheinwerfern wie beim legendären Porsche-917-Rennwagen. Weitere Spezialitäten sind auch die nun schon in den Türen ausgeprägten seitlichen Lufteinlässe für den Mittelmotor, das neue Heck mit einem geschickt integrierten ausfahrbaren Spoiler und beim S-Modell die aus der Mitte des breiten Diffusors herausragenden beiden Endrohre der Auspuffanlage. Das alles unterstreicht den Anspruch: Dieser Boxster will Klassenprimus sein. Und niemand widerspricht.

Der neue Porsche Boxster bietet ausreichend Platz und allen Komfort, den man erwartet.
Der neue Porsche Boxster bietet ausreichend Platz und allen Komfort, den man erwartet.

Daten Porsche Boxster S
Länge x Breite x Höhe (in m): 4,37 x 1,80 x 1,28
Motor: Sechszylinder-Boxer, 3436 ccm, Direkteinspritzung
Leistung: 232 kW / 315 PS bei 6700 U/min, Höchstdrehzahl 7800 U/min
Maximales Drehmoment: 360 Nm zwischen 4500 – 5800 U/min
Leergewicht / Zuladung: 1320 kg / 335 kg
Luftwiderstandsbeiwert 0,31
Höchstgeschwindigkeit 279 km/h
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 5,1 Sekunden
Durchschnittsverbrauch (nach EU-Norm): 8,8 Liter
CO2-Emissionen: 206 g/km (Euro 5)
Räder / Reifen: vorn 8J x 19, 235/40 ZR 19; hinten 9,5J x 19 , 265/40 ZR 19
Kofferraumvolumen: vorn 150 l, hinten 130 l
Basispreis: CHF 78 900.–

Aufpreis 7-Gang-PDK-Getriebe CHF 3940.–

Boxster:
2,7-Liter-6-Zylinder-Boxer, 265 PS, Preis CHF 65 300.–

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