Das Sauber F1 Team präsentiert den Sauber C33-Ferrari

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Das Sauber F1 Team stellte einige Tage vor den ersten Testfahrten in Jerez bereits den neuen Sauber C33-Ferrari vor, mit dem Esteban Gutiérrez (MEX, 22) und Adrian Sutil (D, 31) die FIA Formel-1-WM 2014 bestreiten werden.

Der neue Sauber C33-Ferrari präsentiert sich im Windkanalgebäude in Hinwil.

Der neue Sauber C33-Ferrari präsentiert sich im Windkanalgebäude in Hinwil.

Als Test- und Ersatzfahrer hat das Team Giedo van der Garde (NL, 28) unter Vertrag genommen. Sergey Sirotkin (RUS, 18) ist Testfahrer. Das Roll-out des Sauber C33-Ferrari findet anlässlich des ersten Wintertests ab dem 28. Januar in Jerez de la Frontera (E) statt.

Im Hinblick auf die neue Saison sagt Teamchefin Monisha Kaltenborn: «Wir haben ein sehr forderndes Jahr 2013 hinter uns. Vor allem die erste Hälfte war für uns schwierig, doch in der zweiten ist es uns gelungen, uns signifikant zu steigern. Wir haben in dieser Phase sehr viel gelernt und werden dies in der neuen Saison konsequent umsetzen.»



Prognosen im Hinblick auf die neue Saison mag die Teamchefin nicht machen: «Aufgrund der radikalen Änderungen im technischen Reglement sind Vorhersagen zum jetzigen Zeitpunkt schlich unmöglich. Noch mehr als in den Jahren zuvor wird man erst nach Abschluss der Wintertests einen Eindruck von den Kräfteverhältnissen haben. Dann werden wir auch unsere Zielsetzung für die Saison 2014 definieren. Klar ist, dass der Zuverlässigkeit insbesondere zu Beginn der Saison eine ganz besondere Bedeutung zukommt.»

Optimistisch ist die Teamchefin in Bezug auf die neue Fahrerpaarung: «Adrian ist ein Pilot, den wir schon länger beobachtet haben, und mit dem wir auch seit September in Kontakt standen. Deshalb freut es mich besonders, dass wir ihn für unser Team gewinnen konnten. Er hat immer wieder gezeigt, wie schnell er ist, und auch an Erfahrung mangelt es nicht: Adrian geht in seine siebte Saison. Das ist angesichts der drastischen technischen Veränderungen ein nicht zu unterschätzender Vorteil.»

Adrian Sutil ist neu bei sauber. Er begann seine Karriere in der Schweiz mit dem Gewinn der Schweizer Formel Ford.

Adrian Sutil ist neu bei Sauber. Er begann seine Karriere in der Schweiz mit dem Gewinn der Schweizer Formel Ford.

 

«Esteban Gutiérrez», fährt Monisha Kaltenborn fort, «halten wir schon seit langem für einen talentierten Rennfahrer. Wir kennen ihn bestens, hat er doch bereits seit mehreren Jahren eine Verbindung zu unserem Team. Er hatte im vergangenen Jahr einen schwierigen Start, konnte sich jedoch kontinuierlich steigern, und er hat sich gut im Team eingelebt. Wir sind überzeugt, dass er die gewonnene Erfahrung nun in gute Resultate umsetzen kann.»

Der Sauber C33-Ferrari

Die Regeländerungen, die 2014 in Kraft treten, sind wohl die umfangreichsten, die es in der Formel 1 je gab. Insbesondere beim Antrieb blieb kein Stein auf dem andern: An die Stelle des V8-Saugmotors mit 2,4 Litern Hubraum tritt nun ein 1,6-Liter-V6-Turbo-Triebwerk , das von einem Energierückgewinnungssystem (ERS) unterstützt wird, welches im Vergleich zur letztjährigen Version die doppelte Leistung und die zehnfache Energie zur Verfügung stellt, die unter bestimmten Umständen sogar noch weiter gesteigert werden kann.

Auch im Bereich der Aerodynamik gab es einschneidende Änderungen. So entfällt das untere Element des Heckflügels komplett, und der Frontflügel hat neu eine maximale Breite von 165 cm (bisher 180 cm). Zudem ist die Nase sehr weit nach unten gezogen. Diese Massnahme wurde in gemeinsamer Absprache zwischen der FIA und den Teams eingeführt, um zu verhindern, dass ein Auto aufsteigt, wenn die Nase des Autos mit den Hinterrädern eines andern Fahrzeugs in Kontakt kommt. Ebenfalls reduziert wird das Risiko bei Unfällen, bei denen ein Auto im rechten Winkel auf ein anderes prallt.

Geändert haben sich auch die Abmessungen des Chassis-Querschnitts im vorderen Bereich sowie die Seitencrash-Elemente, die nun standardisiert sind. Verschärft wurden zudem die Seiten-Crashtests, ebenfalls um die passive Sicherheit zu verbessern.

Stark eingeschränkt sind neuerdings die aerodynamischen Effekte, die bisher im Heckbereich durch Abgase erzielt werden konnten, weil die Position des Auspuffs nun genauer definiert ist. Seitliches Ausblasen ist nicht mehr möglich, das Auspuffendrohr ist nun zentral nach hinten gerichtet und kann im Winkel nur marginal verändert werden.

Estaban Gutierréz kam über die GP3 und GP2 in die Formel 1. Beim Sauber F1 Team fährt er im zweiten Jahr.

Estaban Gutierréz kam über die GP3 und GP2 in die Formel 1. Beim Sauber F1 Team fährt er im zweiten Jahr.

 

Alle diese Massnahmen dienen dazu, den Abtrieb zu reduzieren und damit die Autos in Kurven langsamer zu machen. Langsamer werden die Fahrzeuge zudem aufgrund des höheren Mindestgewichts, das von 642 kg (inklusive Pilot) auf 691 kg angehoben wurde.

Optisch auffälligstes Element des Sauber C33-Ferrari ist die weit nach unten gezogene, rüsselartige Nase. Die Pylonen der Frontflügelbefestigung sind, unter Berücksichtigung des Reglements, so weit aussen wie möglich angebracht, um viel Luft unter das Auto zu leiten. Vor einer neuen Aufgabe standen die Aerodynamiker bei der Konzipierung des Frontflügels, der im Vergleich zur früheren Version auf jeder Seite 7,5 cm schmaler ist, was stark veränderte Bedingungen beim Luftfluss ergibt. Der gesamte Frontflügel mit seinen komplexen Endscheiben wurde deshalb von Grund auf neu entwickelt.

Die Form der Seitenkästen wird massgeblich durch die standardisierten seitlichen Crash-Elemente beeinflusst. Etwas grösser als beim Vorgänger sind die Kühllufteinlässe, weil der Kühlbedarf der komplexen Antriebseinheit deutlich zugenommen hat. Aus dem gleichen Grund sind ebenso die Kühler, die seitlich stehend angeordnet sind, signifikant grösser geworden. Auch hier wurde eine gewisse Flexibilität eingebaut, um reagieren zu können, sollten sich die Anforderungen in die eine oder andere Richtung verschieben.

Motor, Energierückgewinnungssystem und Getriebe stammen von Ferrari. Beim Triebwerk handelt es sich um einen 1,6-Liter-Turbo-V6, der nicht höher als 15‘000/min drehen darf. Für das Rennen stehen maximal 100 kg Treibstoff zur Verfügung. Diese Einschränkung ist neu. Bisher wurden während eines Rennens bis zu 140 kg verbraucht. Das zeigt, welche drastischen Verbesserungen beim Benzinverbrauch erzielt wurden.

Deutlich leistungsfähiger im Vergleich zum Vorjahr wurde das Energierückgewinnungssystem (früher KERS, jetzt ERS), das nun über zwei Motoren/Generatoren verfügt. Einer ist an den V6-Motor gekoppelt, der andere an den Turbolader. Während über die Batterien bisher maximal 60 kW während 6,6 Sekunden abgerufen werden konnten, so sind das neu 120 kW während maximal 33 Sekunden. Das ist zehnmal mehr Energie als bisher. Diese kann sogar noch weiter gesteigert werden, wenn der Elektromotor des V6-Motors direkt durch jenen des Turboladers gespeist wird.

Die gesamte Antriebseinheit darf nicht weniger als 145 kg wiegen.

Das völlig neue, aus Karbon gefertigte Getriebe verfügt gemäss Reglement über acht Vorwärtsgänge, deren Übersetzungen während der Saison nur ein Mal geändert werden dürfen.

Flexibel konzipiert wurde das Heck des Sauber C33-Ferrari, so dass man das Auto auch in diesem Bereich unterschiedlichen Bedingungen anpassen kann. Das Auspuffendrohr ist zentral angeordnet und verläuft zwischen zwei Pylonen, über die sich der Heckflügel am hinteren Crashelement abstützt. Die Öffnung zwischen dem Flap und dem Hauptflügel darf neu maximal 65 Millimeter betragen (bisher 50 mm), was den DRS-Effekt des Heckflügels steigert.

Der Sauber C33-Ferrari ist wegen dem stark geänderten Reglement eine komplette Neukonstruktion, nur die Farbe blieb.

Der Sauber C33-Ferrari ist wegen dem stark geänderten Reglement eine komplette Neukonstruktion, nur die Farbe blieb. Auffalend ist die vom Reglement vorgeschriebene abfallende Nase.

Vom Konzept her unverändert präsentiert sich die Hinterradaufhängung, die wie bisher mit einer Zugstrebe arbeitet.

Eine grosse Herausforderung stellt für die Ingenieure das Gewicht des Fahrzeugs dar, denn die Anhebung des erlaubten Mindestgewichts um 49 kg kompensiert nur zum Teil den Zuwachs, der durch alle Nebenaggregate, wie zum Beispiel Turbolader, Ladeluftkühler, zwei Elektromotoren/Generatoren entsteht. Dabei spielt nicht nur das absolute Gewicht, sondern auch die Gewichtsverteilung eine wichtige Rolle. Vor allem zur optimalen Nutzung der Reifen ist es entscheidend, dass man das vom Reglement gegebene Fenster maximal nutzen kann.

Einiges Kopfzerbrechen bereitete den Ingenieuren das so genannte «Packaging», das Unterbringen aller Komponenten. Gegenüber dem C32 hat sich aufgrund der Komplexität des Antriebs allein die Zahl der Elektronikboxen verdreifacht, so dass es nun gilt, über 40 solcher Komponenten unterzubringen; mehr als 30 davon benötigen Kühlung. Klar ist, dass das Management des Wärmehaushalts in diesem Jahr von grosser Bedeutung sein wird.

Konzeptionell völlig neu ist die Bremsanlage, die an den Hinterrädern erstmals als «brake-by-wyre» ausgelegt ist. Nötig wurde dies wegen der stark gestiegenen Leistungsfähigkeit des ERS. «Brake-by-wyre» bedeutet, dass ein elektronisches System misst, wie stark der Fahrer aufs Bremspedal drückt und dann mit den zusätzlichen Informationen der Energierückgewinnung in Bruchteilen einer Sekunde den Bremsdruck an den Rädern festlegt.

«Aufgrund der radikalen technischen Änderungen sind Prognosen im Hinblick auf die neue Saison 2014 noch schwieriger als je zuvor», erklärt Chefdesigner Eric Gandelin und fährt fort: «Wir wissen zwar, was wir selber erreicht haben, aber niemand kann abschätzen, wie es bei der Konkurrenz aussieht. Frühestens bei den Tests wird man einen ersten Eindruck erhalten, wer wo steht. Bei der Konstruktion des Sauber C33-Ferrari sind wir einen Weg gegangen, der uns maximale Flexibilität erlaubt, so dass wir schnell reagieren können. Klar ist zudem eines: Insbesondere in den ersten Rennen wird die Zuverlässigkeit eine wichtige Rolle spielen. Entsprechend räumen wir diesem Thema eine sehr hohe Priorität ein.»

Das Sauber F1 Team wird den ersten Test in Jerez mit einer so genannten Roll-out-Version in Angriff nehmen. Das bedeutet, dass das Fahrzeug voll funktionsfähig sein wird, dass aber zahlreiche, für die Performance wichtige Teile, noch nicht am Auto sind. Diese werden dann bei den zwei Bahrain-Tests folgen. Eric Gandelin erklärt: «Diese Herangehensweise gibt uns die Möglichkeit, die maximale Entwicklungszeit für diese Teile zu nutzen, gleichzeitig werden wir mit dem neuen Auto auf der Strecke fahren und alle Systeme prüfen können, was angesichts der einschneidenden technischen Änderungen sehr wichtig ist.»

Comments (1)

SalimJanuar 29th, 2014 at 09:08

Hallo, ein sehr interessanter Beitrag, der Interessenten wie mir einmalige Einblicke in die Testläufe gibt. Finde das sehr aufschlussreich. Vielen Dank dafür und viele Grüße

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